Ausgliederung: Bericht vom zweiten Infoabend

Auch beim zweiten Infoabend zum Thema Ausgliederung versammelten sich über 100 RWE Fans und Mitglieder im Stadion Essen. Konzentriert hörte man den Vortrag von Herrn Dr. Alvermann, seines Zeichen Anwalt und Gutachter in der Sache für Mainz 05.

Gut aufgebaut und mit der ein oder anderen launischen Bemerkung des Gastes durchsetzt, führte der Vortrag nochmals dezidiert Für und Wider einer Ausgliederung der Profiabteilung in eine Kapitalgesellschaft auf.

Dabei kamen sowohl gesellschaftsrechtliche, als auch steuerrechtliche Fragen auf den Tisch. Auch die Kosten einer Ausgliederung wurden beziffert und durch Nachfragen auch durch Dr. Welling konkretisiert. Die von Dr. Alvermann genannte „sechsstellige Summe“, die bei den ihm bekannten Fällen durchweg anfiel, wurde von Dr. Welling relativiert, da RWE große Möglichkeiten der vereinsinternen Expertise nutzen könne.

Weitere Fakten kristallisierten sich dann im Laufe des über zwei Stunden dauernden Abends heraus:

1. Lässt man einen Investor bei der Frage außen vor, gibt es keine überwiegenden Argumente Pro oder Contra Ausgliederung. Vielmehr betonte unser Gast die zur Entscheidung zu berücksichtigenden Aspekte, über die sich jedes Mitglied Gedanken machen müsse. Auf Seite 25 seiner Präsentation, die ihr hier nachlesen könnt, sind diese Kriterien noch mal aufgelistet.
2. Man kann festhalten – so bestätigte auch Hr. Dr. Alvermann, dass für eine Einbindung eines Investors eine Ausgliederung unabdingbar ist. Die Gesellschaftsform ist dabei ausschlaggebend für die Mitbestimmungsrechte von Verein und Mitgliedern. Die von Dr. Welling vorgeschlagene KGaA ist die komplizierteste Form, bietet aber den meisten Gestaltungsspielraum um, so Dr. Alvermann, einen Maßanzug zu fertigen.
3. Mitbestimmungsfragen können in den jeweiligen Satzungen von Verein und Gesellschaften gut verankert werden. Da man, so Herr Dr. Alvermann, davon ausgehen muss, dass ein Investor Einflussmöglichkeiten haben will, sei hier abzuwägen, wie groß man Spielräume belasse. Dr. Welling wies allerdings vehement darauf hin, dass RWE und seine Mitglieder zuerst diese Bedingungen diskutieren und einen Rahmen festlegen müsse, bevor sich über mögliche Interessen eines Investors Gedanken gemacht wird. Der Investor müsse zu diesem Rahmen passen, nicht umgekehrt.

In der Fragerunde wurden zwei weitere Aspekte kontrovers diskutiert. Zum einen: ist es der richtige Zeitpunkt in der 4. Liga auszugliedern, bei im Vergleich zu höheren Ligen eher geringem Vereinswert. Hier konnte es keine abschließende Antwort geben, da der Vereinswert stark von verschiedenen Faktoren abhänge, wie zum Beispiel dem Wert der Marke, die einen 4.Ligisten wertvoller machen könnte als einen 2.Ligisten. Auch die finanzielle Situation des Vereins würde den Wert beeinflussen. Ebenso sei zu beachten, so Dr. Welling, dass man in Liga 4 mit weniger Geld deutlich mehr erreichen könne, als in Liga 2. Ihm gehe es darum, RWE aus der Liga nach oben zu bringen. Durch die zu erwartende Etatverdoppelung über mehrere Jahre sei dieses Ziel erreichbar. Klar war ihm beim „Argument“ Aufstieg der Applaus sicher.

Zum Anderen gab es unterschiedliche Auffassungen über die Mehrheit, die zum Beschluss einer Ausgliederung nötig sei: Hr. Dr. Alvermann plädierte für eine ¾ Mehrheit, die auch das Umwandlungsrecht, das bei einer Ausgliederung zum Tragen kommt, vorsieht. Dies sei der Regelfall, den er empfehle. Zitat: „Es reicht, wenn einer klagt. Das wäre mir zu heikel.“
Herr Dr. Welling sah dies mit Verweis auf den bereits in der Satzung verankerten Beschluss zur Ausgliederung nicht so. Er hielt aber eine zu knappe Entscheidung, z.B. 45% zu 55% egal in welche Richtung, für nicht tragfähig.

Empfehlenswert sei eine zweigeteilte Entscheidung: zuerst solle abgestimmt werden, ob der Verein den Weg der Ausgliederung gehen will. In einer zweiten Versammlung solle dann über das ausgearbeitete Konzept entschieden werden. Dies sei der Regelfall, so Dr. Alvermann. Eine komplexe Diskussion über die Details sei auf einer Mitgliederversammlung rein organisatorisch nicht zu bestreiten. Diese müsse vorher stattfinden. Dieses Vorgehen werde vom Verein angestrebt sagte Dr. Welling unter dem Applaus der Anwesenden.

Im Vortrag unseres Gastes wurde auch noch auf den ein oder anderen Stolperstein im Verhältnis zwischen Verein und Kapitalgesellschaft hingewiesen. So seien einige Posten genau abzugrenzen, um steuerlich keine Probleme zu bekommen und evtl. die Gemeinnützigkeit zu verlieren. Auch Lizenzüberlassung und Gewinnausschüttung könnten Fallstricke sein. Auf Seite 23 der Präsentation findet ihr diese Themen zusammengefasst.

Zum Ende rief Dr. Alvermann die Mitglieder auf, sich weiter zu informieren und sich mit den Details einer Ausgliederung intensiv auseinanderzusetzen. Der Prozess sei nach seinem Empfinden in Essen gut organisiert. Man solle dies nutzen, um eine so grundlegende Entscheidung guten Gewissens treffen zu können. Die Präsentation von Herr Dr. Alvermann findet ihr hier als pdf.

Dass die Diskussion schon Fahrt aufgenommen hat, bewiesen die vielen Gespräche nach der Versammlung.

An dieser Stelle nochmals ein großes Dankeschön an unseren Gast Dr. Alvermann. der das Thema umfangreich und von neutraler Seite her dargestellt hat.

Der dritte Infoabend mit Vertretern aus Fangruppen verschiedener Vereine findet am Montag, den 15.5. wieder um 19:07 Uhr im Stadion Essen statt. Dabei sind dann die Fan IG Aachen, Bochum mit der Initiative „EchtVfl“ und Vertreter aus Osnabrück.