Bericht des Fanvertreters im Aufsichtsrat: It ain’t over till it’s over
Lange Jahre war Ralf unser Fanvertreter im Aufsichtsrat. Dafür an dieser Stelle ein dickes Danke und großen Respekt für die geleistete Arbeit. Seine mal launigen, mal ernsten Berichte von den Aufsichtsratsitzungen waren ein Markenzeichen seiner Amtszeit. Heute hat er seinen letzten Bericht an uns gesandt, den ihr im Folgenden lesen könnte. Ralf Schuh, wir danken Sie!
Man kann im Leben viele Dinge planen und das ist gut und sinnvoll. So stand mein jetzt anstehender Abschied als Fanvertreter im AR praktisch schon nach meiner letzten Wahl vor 3 Jahren fest.
Einige Dinge aber kann man nicht planen und davon handelt u.a. dieser letzte Bericht von mir.
Dazu muss ich allerdings etwas weiter ausholen: Von der AR-Sitzung im Mai gab es von mir keinen Bericht. Zu diesem Zeitpunkt war sehr viel im Umbruch bei RWE und ein Bericht wäre völlig inhaltsleer geworden, da eben diese Dinge noch nicht zu Ende gedacht oder aber noch nicht für die Öffentlichkeit bestimmt waren. Ich wollte mich daher mit einem „gehaltvolleren“ Bericht aus der Juni-Sitzung verabschieden, wo vieles vermutlich schon klarere Konturen angenommen hätte.
Am 01.06.19 ist dann nach kurzer, schwerer Krankheit meine Mama verstorben. Auch wenn man sich selber einredet, dass man auch in so einer Situation beruflich und privat noch irgendwie „funktioniert“, tut man dies nicht, jedenfalls nicht vollständig, wie ich erfahren musste. Für die Woche danach standen 2 wichtige RWE-Termine an. Zum Einen die FFA-Mitgliederversammlung am Dienstag und zum Anderen meine letzte AR-Sitzung, die an einem ungewöhnlichen Termin, nämlich Donnerstags, stattfand.
Am Dienstag bei der FFA war ich zugegen und habe mich da noch mit Dr. Helf über die anstehende AR-Sitzung unterhalten und am Donnerstag habe ich diese dann schlicht vergessen …
Stattdessen habe ich an einer größeren, regelmäßigen Sitzung meines Arbeitgebers teilgenommen, die ich schon Wochen vorher abgesagt und im Terminkalender durch die AR-Sitzung ersetzt hatte.
Erst als ich um 19 Uhr heimgekommen bin, habe ich meinen Irrtum bemerkt.
Daher kann ich jetzt nicht darüber berichten, wie sich Jörn Nowak und Christian Titz bei der Vorstellung im AR geschlagen haben. Vielleicht, nein ganz bestimmt, gibt es manchmal aber auch einfach wichtigere Dinge im Leben.
Mehr als acht Jahre Fanvertreter
Nach etwas mehr als 8 ½ Jahren endet nun meine offizielle Tätigkeit für RWE im Aufsichtsrat und ich blicke mit sehr viel Demut und Dankbarkeit auf diese Jahre zurück. Dankbar dafür, dass ich diese Gelegenheit überhaupt bekommen habe und demütig im Hinblick auf die häufig schwierigen Entscheidungen die in dieser Zeit anstanden und die ich letztlich alle aus Überzeugung mitgetragen habe.
In einem Sportverein wird die Qualität von Entscheidungen gerne und auch nicht ganz zu Unrecht am sportlichen Erfolg gemessen.
Ich habe jedoch gelernt, dass dies nur ein Stück der Wahrheit ist. Es gibt einfach zu viele Einflussgrößen für den sportlichen Erfolg, die nicht planbar sind.
Man kann Szenarien durchspielen, für und wieder abwägen, aber letztlich sind Entscheidungen, die den sportlichen Bereich betreffen, fast immer digital, da gibt es nur „1“ oder „0“.
Schaffe ich die U23 ab, oder nicht?
Investiere ich in ein zertifiziertes NLZ oder nicht?
Stimme ich vor dem Arbeitsgericht einem Vergleich zu oder riskiere ich ein Urteil?
Halte ich den Spieler, Trainer, Vorstand,Sportdirektor oder ersetze ich Ihn?
Hier kommt noch hinzu, dass wenn der Verein sich für „halten“ entschieden hat, die andere Seite das aber ganz anders sehen kann.
Was heißt das konkret?
Nun, alle waren von der Freiberger Verpflichtung zurecht begeistert. Hätten wir gewusst, dass er sich nach 14 Sekunden im 1. Spiel das Kreuzband reißt, hätten wir Ihn nicht verpflichtet.
Alle haben uns für die Harttgen-Verpflichtung gelobt und auch wir waren „elektrisiert“ dass diese nationale Spielerpersönlichkeit sich auf unseren Viertklassigen RWE einlässt. Hätten wir jedoch geahnt, wie sich diese Zusammenarbeit entwickelt, hätten wir dies nicht getan.
Schwierige Entscheidungen
Meine These lautet daher: Ich kann Entscheidungsträger – grade im Sport, wo der Erfolg von so vielen Faktoren abhängig ist – nicht nur am Ergebnis messen, sondern muss hinschauen, ob die Entscheidung zu dem Zeitpunkt, wo man Sie trifft, nachvollziehbar und die objektiv Beste der vorhandenen Optionen ist.
Rückblickend kann ich für mich sagen: Ich konnte nach allen Entscheidungen, an denen der AR und damit ich, direkt beteiligt war (dass sind ausdrücklich nicht Spielerverträge, hier geben wir nur ein Budget vor) noch in den Spiegel gucken.
Eine Ausnahme mache ich und das war die Abschaffung der U 23. Hier habe ich mich durch Sachargumente von Harttgen überzeugen lassen. Da hätte ich lieber auf mein Herz und auf die durchaus vorhandenen Argumente gegen eine Abschaffung hören sollen.
Trotzdem muss das sportliche Fazit der 8 ½ Jahre per Saldo negativ ausfallen.
Zwar sehen, betrachtet man die RWE-Historie, 1 Aufstieg und 8 mal „Klassenerhalt“ optisch gar nicht schlecht aus, aber tatsächlich haben wir über Jahre sportlich „underperformt“.
Zwar waren wir vom Etat nie (auch nicht annähernd!) die Nummer eins der Liga, aber eben auch nie nur die Nummer 7-12
Volle Kraft voraus
Wir stehen vor einer Saison, die viel von dem Sch…. der vergangenen Jahre vergessen machen kann. Der aktuell laufende Umbruch wurde möglich Dank des zunächst auf 2 Jahre angelegten finanziellen Engagements eines RWE-Fans und ist ein 6er im Lotto für den Verein.
Selbst wenn wir dieses Jahr (noch) nicht aufsteigen, wir werden eine Saison spielen, die wieder Spaß macht. Ich brauch keinem von Euch erzählen, was bei RWE geht, wenn auf dem Platz was geht.
Ein Hauch davon war schon in der letzten Saison zu spüren und wer weiß, was passiert wäre, wenn die Häufung von Verletzungen und Sperren nicht aufgetreten wäre.
Aber vielleicht hatte das auch sein Gutes. Denn es hat uns gezeigt, dass der Kader vor allem in der Breite aber auch in der Spitze für oben nicht konkurrenzfähig war.
Hier können und werden wir jetzt deutlich nachbessern. Auch jeder U-23 Spieler, der noch zu uns stoßen wird, wird von seiner Qualität her reelle Chancen auf einen Platz in der Startelf haben.
Die bisherigen Verpflichtungen sprechen da auch schon ein deutliche Sprache.
Die Aufgabe unseres neuen Trainers wird es sein aus diesen Spielern schnell eine Einheit zu formen.
Die Verlängerung des Sommertrainingslagers auf insgesamt 6 Tage wird da hilfreich sein.
The Final Curtain and The Show Must Go On
Das war es von mir in offizieller Funktion für RWE.
An dieser Stelle möchte ich mich bei meinen Kollegen im AR nochmal ausdrücklich bedanken, dass man mir damals in 2010 von Anfang an den Eindruck vermittelt hat, willkommen und anerkannt zu sein.
Aktuell aber braucht mich mein Vater sicher mehr als RWE mich braucht.
Aber da ich RWE weiterhin brauchen werde, wird das Angenehme eben mit dem Nützlichen verbunden: Ich habe für die kommende Saison bereits 2 Dauerkarten für die Rahn (natürlich zum Unterstützerpreis) geordert.
Der liebe Martin vom (Alemannen)Hofe wird seine Dauerkartenwette sicher nicht gewinnen, oder sieht das hier jemand anders?
Ich werde mich weiter in der FFA, insbesondere bei Veranstaltungen, engagieren und freue mich auf angeregte Diskussionen, die dann informationstechnisch auf Augenhöhe stattfinden werden.
Endlich muss man nicht mehr aufpassen, in einem Gespräch versehentlich was rauszuhauen, was noch nicht für die Öffentlichkeit bestimmt war. 😉
Dem langjährigen FFA Kollegen und Freund Dirk Kindsgrab wünsche ich, als meinem geplanten Nachfolger, viel Erfolg und Spaß bei der Gremienarbeit. Das wird er als langjähriger Politiker locker wuppen.
Wenn aber am Ende seines ersten AR-Jahres wie bei mir in 2011 der Aufstieg steht, dann bitte ich Dich, Dirk allerdings entweder sofort zurück zu treten, zumindest aber nach 3 Jahren auf keinen Fall mehr zur Wiederwahl anzutreten, damit Dein Nachfolger im ersten Amtsjahr den Zweitligaaufstieg angehen kann.
😉
Man sieht sich beim ersten Testspiel in Bottrop.
Nur der RWE!