Bericht vom Bundestreffen Unsere Kurve e.V.
Wie jedes Jahr hat sich Unsere Kurve e.V. im Januar zu einem zweitägigen Arbeitstreffen versammelt, coronabedingt leider auch diesmal wieder online. Vorab: es wird ein langer Bericht, denn wir haben große Themen auf der Agenda gehabt, die für uns beim RWE eine gute Rolle spielen können.
Schon wieder online
Mit einem lachenden und einem weinenden Auge mussten wir wieder online tagen: Fanarbeit lebt ja auch vom persönlichen Kontakt und dem unkomplizierten Austausch. Die Kneipenabende auf den UK-Treffen sind legendär. Das fehlt uns allen sehr und wir wollen im Sommer ein weiteres zweitägiges Treffen einschieben, um uns wieder begegnen zu können. Stream oder Stadion – ihr kennt den Unterschied.
Umgekehrt kann man feststellen, dass die UK-Vertreter*innen aus den Vereinen durch die jetzt jahrelange Erfahrung mit Onlinetreffen eine erstaunlich effektive und dem Medium angepasste Arbeitsweise hervorgebracht haben. Zwei Tage am Bildschirm zu arbeiten ist nicht von Pappe. Bei UK läuft das unterdessen auf richtig hohem Niveau.
Drei große Themen
Neben der offiziellen Mitgliederversammlung des Vereins hatten wir auf dem Bundestreffen drei große Themen, zu denen wir jedesmal auch thematisch Leute eingeladen hatten.
Am Samstag hatten wir den Dachverband der Fanhilfen e.V. zu Gast, um über eine vertiefte Zusammenarbeit zu beraten. Sonntag ging es um den Club-Fan-Dialog in DFL und DFB, sowie um das Projekt „Kick Off!“. Letzteres hatte UK mit Unterstützung der Fanorganisation SDE – Supporters Direct Europe und dem DFB ins Leben gerufen.
Alle drei Themen scheinen uns als Regionalligist nur marginal zu betreffen. Wenn man aber genau hinschaut, sind es sogar die wichtigen Themen, die wir in Vorbereitung auf die 3. Liga angehen sollten. Übergreifend geht es immer um die Organisation einer guten Zusammenarbeit im Verein und um die Beziehung zwischen allen Beteiligten. Natürlich auch die Beteiligung der Fans.
Dachverband der Fanhilfen e.V.
Eine Fanhilfe im genannten Sinne haben wir in Essen noch nicht, auch wenn wir mit unserem Fanvertreter Dirk Kindsgrab einen Anwalt in unseren Reihen haben, der sich immer wieder auch beruflich für Fanrechte einsetzt. In den Fanhilfen sind Anwälte und Fachleute organisiert, die an Spieltagen und darüber hinaus für die Durchsetzung von Fanrechten einstehen. In der Nacharbeit stehen sie auch von Stadionverboten betroffenen Fans zur Verfügung.
Der Dachverband ist ein Zusammenschluss der Fanhilfen vor Ort, tauscht gemeinsam gemachte Erfahrungen aus und verbessert somit die Arbeit rund um die Spieltage.
Der Dachverband ist zusätzlich das bundesweite Sprachrohr der Fanhilfen und ergänzt deren Öffentlichkeitsarbeit, wenn es um überregionale Themen geht. In den letzten Jahren dürften einige von euch im Zusammenhang mit den Länder-Polizeigesetzen diese Arbeit mitbekommen haben. Die Fanhilfen haben unter anderem zwei Themen, die für uns als RWE Fans interessant sind: zum einen die Forderung nach einer Kennzeichnungspflicht von Polizeibeamten im Einsatz bei Fußballspielen, zum anderen die Arbeit am Thema Stadionverbote.
Viele RWE Fans haken das Thema unter dem Stichwort „gerechte Strafe“ ab und möchten sich nicht damit beschäftigen. Wir als Fanabteilung müssen und wollen einen genaueren Blick darauf haben.
Die Stadionverbote hängen rechtlich weiter mehr oder weniger im luftleeren Raum. Strafen sind und dürfen sie nicht sein – nur der Staat und seine Justiz können Bürger bestrafen. Deshalb wird von Präventivmaßnahmen gesprochen. Wer, wann, auf wessen Veranlassung ein Stadionverbot bekommt, ist deshalb weitgehend intransparent und diskutierbar. Der Dachverband der Fanhilfen vertritt an dieser Stelle nicht nur die Bürgerrechte von Fans, sondern setzt sich auch – neben der grundsätzlichen Ablehnung von Stadionverboten – aktiv bei den Verbänden, DFB und DFL dafür ein, dass alle Abläufe rund um Stadionverbote transparenter, einheitlicher und nachvollziehbarer werden.
Beim RWE diskutieren wir im Verein seit längerem rund um das Thema Stadionverbotskommission. Wie kann ich als Verein bei Stadionverboten transparente Gerechtigkeit erreichen? Wozu nötigen mich die Regeln des DFB und der Verbände. An dieser Stelle kann die Zusammenarbeit mit dem Dachverband der Fanhilfen e.V. auch für uns hier ganz konkret werden.
In der 3.Liga wird sich unser Spieltag stark verändern. Wir freuen uns alle auf einen prominent gefüllten Gästeblock. Und auch wir werden wieder zu tausenden unterwegs sein, um auf unserer Drittligatour seit Jahren mal wieder bei anderen Traditionsvereinen unsere Visitenkarte abzugeben. Wir wollen den Teufel nicht an die Wand malen, aber im uns eigenen Überschwang kann es sein, dass das nicht alles perfekt abläuft. Die FFA wird sich zusammen mit dem Fanvertreter und dem Fanprojekt weiter mit dem Thema Fanrechte beschäftigen. Das Bundestreffen von Unsere Kurve hat dazu eine Menge Möglichkeiten aufgemacht.
Club-Fan-Dialog – Pflicht in der 3.Liga
Noch viel näher ist uns das Thema Club Fan Dialog. In der 3. Liga ist ein „institutionalisierter“ – heißt definierter und regelmäßiger – Dialog ab der kommenden Saison Pflicht. Ein Erfolg der Arbeit von Unsere Kurve e.V. und anderer Fanorganisationen unter Beteiligung der FFA. Auch wir haben an den entsprechenden Arbeitstreffen der Abteilung Fanbelange des DFB teilgenommen und uns für einen regelmäßigen Dialog erfolgreich eingesetzt.
Eine Etage höher, in der DFL, hatte die Arbeit von UK ebenfalls Erfolg: die Kriterien für die Ausgestaltung eines Club Fan Dialog wurden detailliert festgelegt. In zwei Stufen stehen nun verpflichtende und empfohlene Bestimmungen für die Durchführung des Club Fan Dialogs in der Lizenzordnung der DFL.
Hier sind die Fanorganisiation von UK zurecht Stolz einen wichtigen Fortschritt erreicht zu haben. Zu verdanken haben wir dies nicht nur der oft anstrengende Mitarbeit in der DFL Taskforce und der DFB Taskforce 3.Liga. Vieles geht auch auf die von „Zukunft Profifußball“ erarbeiteten Papiere zurück, die eine wichtige Grundlage für die Diskussion bildeten. Augenscheinlich konnte die Papiere einige Verantwortliche in den Vereinen überzeugen. Denn ohne diese hätte es keine entsprechenden Beschlüsse der Präsidien von DFL und DFB gegeben.
Für uns beim RWE heißt es nun gemeinsam ein vernünftiges Modell für einen regelmäßigen Club-Fan-Dialog zu finden. Die Bedingungen des DFB werden in der ersten Saison noch nicht allzu hart sein. Wir können aber davon ausgehen, dass der Verband den Vorgaben der DFL perspektivisch folgen wird. Die FFA wird in den kommenden Monaten ein Modell erarbeiten, das wir breit mit allen Beteiligten diskutieren möchten, um das Beste für unseren Verein heraus zu holen. Paralell mit der von uns für das zweite Halbjahr 2022 geplanten Zukunftswerkstatt sollte uns ein zufriedenstellendes Ergebnis gelingen.
Kick Off! – Konflikte zwischen Verbänden und Fans bearbeiten
Die gute Gelegenheit zum Teil richtig fest gefahrene Konflikte zwischen Fanorganisationen und dem DFB mal aus der Vogelperspektive zu betrachten bot uns auf dem Bundestreffen der Abschlussbericht der ersten Phase des Projekt „Kick Off!“
Vor mehr als einem Jahr hatte Unsere Kurve e.V. das wissenschaftliche Projekt auf Anregung von SDE – Supporters Direct Europe und deren Erasmus+ Mitteln auf die Schiene gestellt.
Nicht nur in Deutschland soll in Zusammenarbeit mit einem nationalen Fußballverband – in unserem Fall mit dem DFB – untersucht werden, warum so viele Konflikte zwischen Fans und Verbänden nicht nur stagnieren, sondern oft die Tendenz nach unten haben.
Kick Off! ist dabei nicht die klassische Heransgehensweise z. B. durch die x-te Krisensitzung. Kick Off! sollte die Konfliktlinien, die Sicht der Beteiligten, Verständnis und Bearbeitungsweisen wissenschaftlich untersuchen. Diese erste Phase der Untersuchung ist nun abgeschlossen. In einer zweiten Phase sollen Vorschläge erarbeitet werden, die in einer dritten Phase gemeinsam umgesetzt werden sollen.
Steffi Moldenhauer und Max Gehrmann, die das Projekt durchgeführt haben, berichteten von ihren mehr als hundert Interviews, die sie mit vielen Beteiligten geführt haben. Vom Ultra bis zum Polizeivertreter, vom Fanvertreter bis zum DFB Mitarbeiter, vom DFB-Schiedsgericht bis zum Vereinsvertreter. Die Auswertung dieser Interviews führen zu einem Bild, dass zumindest engagierten Fans irgendwie bekannt vor kommt. Es mangelt an Transparenz in der Entscheidungsfindung und an gegenseitigem Verständnis.
Diese wissenschftliche Bestätigung war aber nicht einseitig. Vielmehr ging es darum, die Faktoren aufzuspüren, die einer Konfliktlösung im Wege stehen. Und sogar aktuell nicht lösbare Konflikte können besser eingeordnet werden, wenn man dies gemeinsam feststellt und veröffentlicht, anstatt gegenseitig nur die Enttäuschung über die andere Partei kund zu tun.
Zur Vorstellung der bisherigen Projektergebnisse nahmen auch DFB und DFL mit verantwortlichen Mitarbeitern für Fanbelange am Bundestreffen teil. Das wurde bei UK, als auch bei den Verbänden positiv aufgenommen. So konnte man gemeinsam erste positive Schlüsse aus einer wissenschaftlichen und sachlichen Aufarbeitung ziehen. Auf Basis der Ergebnisse kann man jetzt die zweite und dritte Phase des Projekts gestalten.
Erhellend war die nachvollziehbare Genauigkeit der Studie, woran so viele Versuche des Gesprächs scheitern. Diese Erfahrungen kann man durchaus auch auf Vereinsebene machen. Unbefriedigend sind missglückte Klärungen immer für alle Seiten. Die folgende Verhärtung der Positionen führt oft auf lange Zeit zum Stillstand.
Die Studie liefert nun viele Ansatzpunkte, Konflikte besser angehen zu können und Prozesse erfolgreich zu gestalten. Für unseren Zusammenhalt im Verein kann das nur von Vorteil sein. Denn auch wenn wir alle RWE Fans sind, so wissen wir, dass wir eine Vielzahl von Meinungen repräsentieren und wir wissen auch, dass Vereinsinteressen nicht immer den Interessen der Fans entsprechen.
Deshalb hofft die FFA zeitnah eine Informationsveranstaltung für alle Interessierten im und um den Verein anieten zu können. Steffi und Max würden ihre Ergebnisse bei uns in Essen vorstellen.
Am Sonntag um 16:00 Uhr ging so eine ereignisreiche Bundesversammlung von Unsere Kurve e.V. zu Ende. Für unser gemeinsames Fortkommen als RWE Familie können wir einiges erreichen. Das Treffen hat viele Möglichkeiten aufgezeigt, die wir als FFA ergreifen wollen.
Wir brauchen Euch dabei!
In diesem Sinne: „NUR DER RWE!“
Eure FFA