Ausgliederung: Bericht vom dritten Infoabend
Am vergangenen Montag hatte die FFA zum 3. Infoabend ins Stadion Essen geladen. Diesmal wurde das Thema Ausgliederung von Seiten der Fanabteilungen und Fanvereinigungen beleuchtet. Ca. 70 Fans und Mitglieder verfolgten in der Zeche die Beiträge der Abordnungen aus Aachen, Bielefeld, Bochum und Osnabrück.
Der folgende Bericht fasst die wichtigsten Aussagen anhand der Vereine zusammen und verlässt so den chronologischen Ablauf, um etwas übersichtlicher zu sein.
Entgegen der im Vorfeld ausgesprochenen Vermutung, dass jetzt „die Gegner“ einer Ausgliederung zu Wort kämen, zeigten sich alle auf dem Podium davon überzeugt, dass, egal in welcher Rechtsform, ein Großteil von Erfolg oder Fiasko von den handelnden Personen abhinge.
Nach kurzer Einleitung stellten sich die Vertreter der Initiativen nochmals persönlich vor. Die IG Aachen hatte dabei gleich ihr Mitglied im Verwaltungsrat zu uns gesandt und auch der Vertreter des Fanprojekt Osnabrück hatte als Mitglied des Wahlausschuss offizielle Funktion im Verein. Die Initiative „EchtVfl“ hatte Ihren Vorstand geschickt. Aus Bielefeld hatte die UK-Vertretrin des Supporters Club Bielefeld den Weg nach Essen gemacht.
Zu Beginn machte Aachen bereits klar, dass die IG der Alemaniafans immer darauf geachtet habe in der Sache keine Position zu beziehen. Dies sei Sache der Mitglieder auf den entsprechenden Versammlungen. In der speziellen Situation der aktuellen Insolvenz würde nur ein Punkt als nicht diskutierbar angesehen: der Verein müsse die Mehrheit in der GmbH behalten, die 50 + 1 Regel dürfe nicht fallen. Hierzu sei aber gesagt, dass das in Essen diskutierte Model der KgaA in der komplementären GmbH von einer 100%igen Mehrheit des Vereins ausgeht, an der die KgaA nicht vorbei entscheiden kann. Wer dazu noch weitergehende Informationen haben möchte kann diese auf unserer Seite Fragen und Antworten bekommen.
Auf die Möglichkeit der Kontrolle des Finanzgebarens der ausgegliederten GmbH angesprochen, berichtete der Aachener Vertreter, dass von dort nur unter erheblichem Druck Zahlen genannt wurden. Man müsse aber auch darauf verweisen, dass dies kein Problem der GmbH an sich sei, sondern der handelnden Personen, die ja letztlich auch die 2. Insolvenz zu verantworten hätten.
In der jetzigen Lage sei hervorzuheben, dass der Verein ohne die Ausgliederung nicht mehr bestehen würde. Insofern hätte die Ausgliederung Ihren Zweck, den Verein zu schützen, voll erfüllt.
Auf Nachfrage wurde klar, dass obwohl der Verein in der Insolvenz den Weg der Ausgliederung rückgängig machen könnte, dies faktisch von keiner Seite in Erwägung gezogen würde. Abgesehen von den Schwierigkeiten, die ein solcher Schritt zusätzlich aufwerfen würde, sei man überzeugt, dass man mit den richtigen Personen eine bestehende GmbH zum Vorteil des Vereins wirken könne.
In Sachen Investor gebe es momentan keine neuen Ansätze. Dies würde in enger Zusammenarbeit mit dem Insolvenzverwalter angegangen. Einen Kölmel wolle man aber nicht haben.
Das Frage, ob man einen Investor „wählen“ kann, sollte bei der Fragerunde noch eine Rolle spielen.
Auch vom Supportersclub Bielefeld gab es keine klare Pro oder Kontraposition. Vielmehr legte man den Focus auf schlechte Erfahrungen mit handelnden Personen, denen lückenhaft ausgearbeitete Satzungen erlaubt hatten am Verein vorbei zu entscheiden und selbigen so in wechselnde Krisen gestürzt hätten. Mit jeder Krise, die meist nur durch dem Verein stark verbundene und regional verwurzelte Geldgeber gelöst werden konnten, fielen andere Ungenauigkeiten auf.
Besonders erwähnt wurde die fatale Möglichkeit durch Ämterdoppelung in Verein und Kapitalgesellschaft Verträge und Vereinbarungen an den Kontrollgremien vorbei umzusetzen, was heute nicht mehr möglich wäre. Eine weitere, anstehende Satzungsänderung in Bielefeld behandelt die Tücken einer Kapitalerweiterung, die nach bestehender Satzung ebenfalls noch komplett am Verein vorbei möglich wäre. Hier ist man in Gesprächen.
Zwei Hinweise aus Bielefeld ordneten diese Fälle aber auch ein: zum einen könne man mit einer guten Zusammenarbeit nicht nur vorbeugen, sondern im Sinne des gemeinsamen Vereins auch in der KgaA gute Arbeit leisten.
Die unterschiedlichen Interessen und Einstellungen zum Verein seinen aber zu beachten. Während z.B. Personen in geschäftsführender Tätigkeit vor allem einen Job machen würden und eventuell mit einem guten Angebot zum nächsten Verein ziehen, würde der Fan seinen Verein immer begleiten und sich eben nicht für eine Dauerkartenermäßigung zum Nachbarn wechseln.
Zum anderen sei es nicht vorstellbar, dass über gute Satzungsarbeit alle Katastrophen komplett auszuschließen seien. Diese Sicherheit gäbe es aber in keiner Struktur.
Dem konnten die Vertreter der Initiative „echtVfl“ auch zustimmen. Allerdings sei es gerade vor diesem Hintergrund fraglich, ob man das bewährte Konstrukt e.V. dazu unbedingt aufweichen müsse und Verantwortung auslagern. Der Verein hätte immer wieder bewiesen, dass er auch mit Krisen und Veränderungen zurecht kommen würde. Genannt wurden die Vorgänge um den alten Präsidenten und Mäzen Altegoer, dessen Einfluss im Verein letztlich beschnitten wurde. Der Verein sei gestärkt aus diesem Prozess hervorgegangen und sei seit dem besser aufgestellt.
Hier gab es Kontra von Michael Welling: gerade das Thema Altegoer zeige, dass auch ein Verein von einzelnen Geldgebern dominiert werden könne und dies nicht unbedingt nur eine Gefahr der Ausgliederung sei. „EchtVfl“ wollte das nicht gleich setzen. In dieser Situation hätte der Verein gezeigt handlungsfähig zu sein, was mit einer ausgegliederten Gesellschaft erst einmal komplizierter werde. Man selbst halte die Struktur eines Vereins für zukunftsfähig und würde der Gefahr, Mitbestimmungsrechte zu verlieren dort immer begegnen können. Dies sei bei einer ausgegliederten Gesellschaft zu bezweifeln.
Auch die finanziellen Aspekte einer Ausgliederung werden in Bochum kritisch betrachtet. Es gibt Zweifel, ob der durch einen Investor zu erzielende Betrag das Ziel Aufstieg wirklich wahrscheinlicher machen kann. Eine ähnlich Frage treibt auch RWE-Fans um, die die Gleichung „Mehr Geld = mehr sportlicher Erfolg“ kritisch betrachten. Das Argument der Bochumer zielte auch auf den Zeitpunkt der dortigen Ausgliederungspläne, der mit der Umverteilung der Fernsehgelder begründet wird.
In Bochum findet der ganze Prozess aber deutlich gekürzter und mit begrenzter Zeit statt und soll schon auf der diesjährigen JHV abgeschlossen sein.
Der Vertreter der Fanabteilung des Vfl Osnabrück betonte, dass man – mit Verweis auf Bielefeld – alle entscheidungsbefugten Ämter in Verein und Kapitalgesellschaft durch Kontrollorgane in eine feste Struktur stellen müsse. Dabei müsse die Beteiligung der Fans gewährleistet sein. Der Wahlausschuss würde dabei z.B. Kontrolle leisten können, wenn Investoren Vertreter in die Gremien des Vereins entsenden wollen. Einig war man sich, dass eine Kontrolle der Finanzen über die rechtlich vorgeschriebenen Berichte der Kapitalgesellschaften hinaus nicht erzwungen werden kann. Auch hier sei man auf gute Zusammenarbeit angewiesen.
Das Thema Einfluss zukünftiger Investoren hatte in der Fragerunde dann ein hohes Gewicht. Michael Welling sprach sich auf Rückfrage dagegen aus, einen Investor den Mitgliedern zur Abstimmung zu stellen. Abgesehen vom möglichen Imageverlust des Investors bei Ablehnung würde es auch die Verhandlungen sehr erschweren. Auch Umfang und Wert des Engagements würden unter dieser Vorgehensweise leiden.
Aus der Versammlung wurde ein Vetorecht der Mitgliedschaft vorgeschlagen, dass einen Einspruch gegen Investoren unter festgelegten Bedingungen erlaube. Auch hier war Michael Welling der Meinung, dass ein solches Vorgehen mit Investoren nicht vereinbar sei.
Den Kreis der Investoren vorher durch die Satzung zu bestimmen, lässt sich nach Ansicht der Vertreter der anwesenden Vereine nicht umsetzen. Natürlich könnte man positiv verankern, welche Werte der Verein vertreten möchte, wie zum Beispiel eine gegen Rassismus und Diskriminierung gerichtete Ausrichtung. Hier ließen sich eher Punkte festlegen, die für oder gegen einen Investor sprechen. Werden diese Punkte in der Satzung des Vereins festgelegt, müssen sich natürlich auch Verträge mit Investoren diesem unterordnen.
Fazit: Viele der angesprochenen Themen machen deutlich, wie komplex eine Ausgliederung in der Ausgestaltung werden kann. Einige Fragen der Mitbestimmung und Kontrolle können uns genauso im Verein beschäftigen. Komplette Absicherung kann es aber auch im Verein nicht geben.
Das notwendige Vertrauen in die handelnden Personen, das auch nach einer Ausgliederung nötig wäre, wird in diesem Fall aber kritischer betrachtet.
Die Wahl eines Investors wirft vor dem Hintergrund immer wieder genannter Negativbeispiele die meisten Fragen auf. Entfernung und Nähe zum Verein ist erstmal eine emotionale Fragestellung, die aber eine große Rolle quer durch die Diskussionen spielt. Ob sich diese Fragen in Strukturen und Satzungen gießen lassen, werden die von der FFA mit Mitgliedern, Fans und Verein geplanten Workshops zeigen. Über Themen und Termine informieren wir euch rechtzeitig.