Bericht des Fanvertreters im Aufsichtsrat zur JHV 2023
Liebe FFA-Mitglieder, RWE-Fans und Interessierte,
es sind mittlerweile einige (auch Urlaubs-) Wochen ins Land gezogen seit der letzten zugegebenermaßen desaströsen JHV und natürlich stehen immer noch viele Fragen im Raum.
Im Zuge der Veröffentlichung der negativen Geschäftszahlen unseres geliebten Vereins, ist verständlicherweise viel Kritik an Vorstand, Aufsichtsrat und auch besonders an meine Person gerichtet worden und entsprechend möchte ich hiermit allen einen Einblick aus meiner Sicht auf die Entwicklungen gewähren. Vielleicht hilft es, dass ein oder andere nachzuvollziehen.
Die letzte JHV war wie erwähnt ein mittleres Desaster. Zumindest ist es das Feedback, das ich bekommen habe. Dass ich mich nur auf Feedbacks und Berichte berufen kann, liegt – wie viele j bereits mitbekommen haben – daran, dass ich selbst kurzfristig nicht anwesend sein konnte Eines meiner Kinder hatte am Vortag einen Unfall auf einem Trampolin. Den Sonntag habe ich nach dem Frühstück viele Stunden in der Notaufnahme eines Krankenhauses verbracht, wo letztlich ein Bänderriss attestiert wurde.
Nur eine Anmerkung meinerseits: Es ist schade, dass mein Fernbleiben offenbar genutzt wurde für wilde Spekulationen und Unterstellungen und teils auch Beleidigungen. Ich habe in den letzten dreizehn Jahren nur zwei JHVs verpasst und hätte trotz aller Widrigkeiten auch dieses Jahr gern teilgenommen Meine Anwesenheit hätte am Ablauf und den Wortbeiträge Einzelner auch keinen Einfluss gehabt. Doch nicht nur das „Wie“, sondern auch die Inhalte der letzten JHV haben verständlicherweise bei vielen die Emotionen hoch kochen lassen.
Aus meiner Sicht hat der Grad der Emotionalität definitiv etwas mit der Art und Weise zu tun, wie die Informationen rübergebracht wurden. Wenige Tage nach dem Abbruch der JHV wurde vom Vorstand ein hochinformativer Brief veröffentlicht. Wenn das negative Ergebnis nur halb so offen auf der JHV kommuniziert worden wäre wie in diesem Brief, ohne sich an 65.000 EUR Pyrostrafen oder anderen „Peanuts“ abzuarbeiten, hätte sicherlich mehr Verständnis im Saal geherrscht.
Ein großer Kritikpunkt an meiner Person ist sicher die Tatsache, dass ich nicht schon vor der JHV das negative Ergebnis öffentlich gemacht habe. Das ist allerdings ein Thema, bei dem es nicht nur schwarz und weiß, sondern eben ganz viel grau gibt.
Zunächst hat der AR bis Mitte Februar überhaupt gar nichts von der starken Planabweichung gewusst. Noch in der Septembersitzung wurde dem Aufsichtsrat eine Plan-/Abweichungsrechnung vorgestellt, die vollkommen ohne negative Abweichungen war. In der Februarsitzung musste Marcus Uhlig dann einräumen, dass er dem Aufsichtsrat monatelang falsche Zahlen vorgelegt hat. Das Planergebnis würde wesentlich schlechter ausfallen als bisher vorgestellt.
Dieses Wissen hat mich natürlich schon arg beschäftigt und ich hatte die schlimmsten Befürchtungen, denn ich habe selbst im Juni 2010 fassungslos hinter der Haupttribüne des altehrwürdigen Georg-Melches-Stadions gestanden als mitgeteilt wurde, dass es keine Rettung gibt und der Gang in die Insolvenz führt. Damals fiel ich aus allen Wolken, befürchtete das Schlimmste und letztlich war es damals eine persönliche Initialzündung für mich, mich ehrenamtlich im Verein zu engagieren – auf welche Art auch immer.
Jedenfalls haben wir im AR mit Bekanntwerden der Planungslücke dann zunächst unser Vorgehen abgestimmt und dann mit einem unabhängigen Wirtschaftsprüfunternehmen, fachkundige Manpower aus dem AR und in Person von Sascha Peljhan die komplette Buchhaltung der vergangenen Monate durchleuchtet, auf den Kopf gestellt und wirklich jeden Dreck aus der hinterletzten Ecke geholt. Das allein hat einige Wochen in Anspruch genommen in denen ich jedoch stets gut informiert war. Wir hatten im AR außerdem mehrheitlich beschlossen stillschweigend zu dem Thema erst alles aufzuarbeiten. Leider wurde wie angesprochen die Lücke und die Verwunderung über die Arbeitsweise in der Buchhaltung immer größer.
In dieser Zeit kam es dann auch noch zu diversen Personalentscheidungen im sportlichen Bereich die für reichlich Unruhe sorgten. Auch die Ergebnisse der Mannschaft ließen zu wünschen übrig und ich selbst befand mich in einer Zwickmühle. Auf der einen Seite fühlte ich mich in der Pflicht die finanziellen Herausforderungen publik zu machen, und auf der andren Seite fühlte ich mich verpflichtet Absprachen aus dem AR nicht zu brechen. Denn dann läuft man auch Gefahr viel Vertrauen im Gremium zu verlieren.
Ich entschloss mich dazu die Planungsabweichung als Ganzes einzuordnen und dann zu schauen wie ich damit umgehe. Ich habe mir nachweisen lassen, dass RWE zum einen solvent genug ist um seine laufenden Kosten zu bezahlen, und mir zusätzlich nachweisen zu lassen, dass die Lizenz für Liga nicht in Gefahr ist wegen der neuen Verbindlichkeiten. Beides konnte mir ausdrücklich nachgewiesen werden.
Das ging sogar soweit, dass ich Einblick in die Korrespondenz mit dem DFB erhielt. In dem Moment war mir auch klar, dass wir uns in einer scheiß Situation befinden, diese aber nicht existenziell bedrohlich ist. Ich habe viele Gespräche im AR und mit MU geführt, weil ich als Mann zwischen den Stühlen (Fans und Gremium) mir auch nicht sicher war, wie ich weiter vorgehen soll. Mir ist vollkommen klar, dass ich die FFA und damit auch die RWE-Fans im Gremium vertrete. Und dass ich entsprechend durchaus auch anders agieren muss als die anderen Mitglieder des AR Trotzdem habe ich mich entschieden nichts groß durchsickern zu lassen, damit ausreichend Überblick auf die Situation keine Insolvenz zu befürchten war.
Zusätzlich hätte eine Veröffentlichung meinerseits auch ganz andere Folgen haben können, denn RWE war nach der Trennung von der sportlichen Leitung, der Tatsache das Publikumslieblinge keine neuen Verträge erhalten, teils desolaten Auftritten der Mannschaft und massiver Fan-Kritik am Trainer ohnehin ein Pulverfass. Diese finanziellen Probleme nun zu veröffentlichen hätte alles explodieren lassen können und hätte sicher keine guten Auswirkungen auf die sportliche Leistung gehabt. Ich bereue diese Entscheidung nicht. Man muss sich nur mal vor Augen führen was ein Abstieg bedeute hätte.
Im Nachhinein muss man aber sagen, dass es besser gewesen wäre, wenn der Vorstand nach erfolgtem Klassenerhalt schon einmal vorsichtig die Öffentlichkeit auf das unangenehme Thema vorbereitet hätte. Das war aber nicht meine Aufgabe. Letztlich ist nun bekannt was passiert ist. Steigende Kosten, ein völlig unzureichendes Controlling in der Buchhaltung, eine ungenügende Kalkulation und das Ausbleiben zugesicherter Zahlungen habe RWE in diese Situation manövriert. Allerdings muss man auch sagen: Das Geld von Sascha Peljhan wurde bereitgestellt, um den Aufstieg zu erreichen bzw. zu finanzieren. Und genau dafür wurde das Geld nun eingesetzt. Das Geld von Sascha Peljhan stellt keine normale Verbindlichkeit dar, sondern hat eigentlich Eigenkapitalcharakter. Ebenso das Geld des weiteren Unterstützers, mit dem das Trainingszentrum an der Hafenstraße finanziert wurde. Folglich ist der Verein nicht überschuldet und hat auch keine liquiditären Probleme.
Man kann jetzt sagen: „Der AR hätte besser kontrollieren müssen“ und mit dieser Aussage ist der Aufsichtsrat nicht zuletzt mit der Rücktrittsforderung einiger Fangruppen auch konfrontiert worden. Intern haben wir uns im Aufsichtsrat in mehreren Meetings dazu ausgetauscht, uns kritisch hinterfragt, Meinungen von Dritten eingeholt und besonders das Geschehene analysiert. Ein Aufsichtsrat ist darauf angewiesen, dass er seitens des Vorstandes mit korrekten Informationen versorgt wird. Sobald ein Aufsichtsrat Informationen über Unregelmäßigkeiten erhält, muss er aktiv werden. Und genau das ist geschehen.
Es ist so, dass es in den letzten Jahren keine Veranlassungen gab, den vom Vorstand zur Verfügung gestellten Zahlen zu misstrauen. Gesprächen mit einem meiner Vorgänger kann ich entnehmen, dass sich an der Arbeitsweise im AR in den letzten Jahren nichts geändert hat. Es gab in den letzten 10 Jahren nie einen Grund anzuzweifeln, dass der Vorstand dem AR die richtigen Zahlen zu Verfügung stellt. Und eine AR-Sitzung besteht auch nicht daraus den Mitarbeitern auf der Geschäftsstelle beim buchen von Rechnungen auf die Finger zu schauen. Anhand der gelieferten Zahlen werden Maßnahmen abgeleitet und besprochen. Der AR arbeitet ehrenamtlich und hat auch keinerlei Geschäftsführungsbefugnis.
Ich habe kein schlechtes Gewissen und kann versichern, dass der AR mit internem Bekanntwerden der finanziellen Schieflage sofort das Heft des Handelns in die Hand genommen hat und mit kühlem Kopf, (teils externem) Fachwissen und gesunder Voraussicht, Maßnahmen ergriffen hat, die solche Situationen in Zukunft ausschließen sollen. Und während sich nach der Insolvenz 2010 viele Verantwortliche davongestohlen haben, sitzt aktuell bei RWE ein Gremium dass die Problem annimmt, angeht und bemüht ist mit allem was möglich ist das Schiff wieder auf den richtige finanziellen Kurs zu bringen. Ich finde das sollte in diesem Zusammenhang nicht vergessen werden.
Ich möchte auch nochmal betonen, dass eine Insolvenz nie ein Thema war und ich das Gefühl habe dass die Situation aktuell von einigen Menschen gezielt mit diversen Medien und Netzwerke schlechter dargestellt wird als sie ist! Ja, RWE hat zu viel Geld ausgegeben um den Aufstieg zu realisieren und die Infrastruktur zu stärken! Aber diese neuen Verbindlichkeiten sind nicht bedrohlich für die Existenz von RWE.
Die letzten Wochen und Monate haben mir persönlich viel Substanz geraubt. Einige Wochen wussten wir nicht wie schlimm die Lage tatsächlich ist und das hat mich schlaflose Nächte gekostet. Da „zwischen den Stühlen stehen“ gepaart mit außerordentlichen Sitzungen, suboptimalen Zahlen und negativen Nachrichten ist alles andere als Vergnügungssteuerpflichtig.
Und natürlich ist das auch der Hauptgrund warum ich mich in den letzten Wochen und Monaten so rar gemacht habe. Manchmal ist schweigen Gold und besser als Blech reden. Berichte über eine AR-Sitzung zu schreiben, in denen steht das Spieler XY noch 3 Wochen ausfällt, die sportliche Entwicklung nicht gut ist und es schade ist, dass die U-Mannschaften im Tabellenkeller sind, wäre sicherlich möglich gewesen.
Doch spätestens mit der JHV wäre mir das sicher auch schlecht ausgelegt worden, weil nur „heile Welt“ verkündet worden wäre. Mir ist bewusst, dass ich es nicht jedem Recht machen kann und auch sicher nicht getan hab. Ob strittige Personalentscheidungen oder eben die Finanzlücke … es gibt Themen über die wird Stillschweigen im AR beschlossen. Und ich möchte – genau wie ich immer die Denke der Fans von RWE in alle Themen einfließen lasse – mich auch loyal zu den Kollegen in meinem Gremium verhalten um eben dort kein Vertrauen zu verlieren.
Zum Schluss noch ein paar Worte zum Thema „Leitplanken“: Ich bin vor einem Jahr mit großen Tönen und auch Kritik an meinem Vorgänger angetreten und bin als Vertreter der FFA in den Aufsichtsrat gewählt worden. Ich wollte alles transparenter und nachvollziehbarer machen und habe besonders das auch bei meinem Vorgänger vermisst. Ich hatte Idealvorstellungen und wollte vieles standardisieren und verbessern. Ich bin nicht angetreten für eine Arbeitskarte und einen Parkplatz, denn beides hatte ich schon vorher! Ich wollte und will unseren Verein unterstützen und gerne hätte ich meine Ideen auch auf der letzten Abteilungsversammlung der FFA präsentiert. Leider kam ein grippaler Infekt dazwischen.
Aber auch wenn ich da gewesen wäre, hätte ich nichts präsentiert. Nicht weil ich keine Ideen hatte, sondern weil nach nur vier (!) AR-Sitzungen alle meine Idealvorstellungen und tollen Ideen mit einem Mal völlig über den Haufen geworfen wurden. Dies Krise hat mir vor Augen geführt und mich auch schmerzhaft gelehrt, dass es nicht so funktioniert wie ich mir das ausgemalt hatte. Es gibt (besonders bei Personalentscheidungen) Dinge, die gehen die breite Öffentlichkeit nichts an.
Es gibt Dinge die müssen im kleinen Kreise entschieden und intensiv beackert werden und die dürfen auch – besonders noch während Prozesse noch im Gange sind – nicht außen breitgetreten werden. Besonders in einem Umfeld wie wir es bei RWE haben, ist es wichtig in Krisen mit kühlem Kopf z arbeiten, ohne dabei einen unfassbaren Druck von außen zu verspüren.
In dieser Hinsicht kann ich sagen, dass ich mich in der Arbeitsweise meines Vorgängers getäuscht habe, dass ich selbst zu ahnungslos war manche Vorgänge und Abläufe richtig einzuordnen und das meine Kritik über seine Kommunikation aus dem Gremium heraus am Ende eine völlig Fehleinschätzung war.
Das muss ich mir ankreiden lassen. Wenngleich keiner meiner Vorgänger seit der Insolvenz eine vergleichbare Krise durchleben musste, war mein Weg der Kommunikation sicher nicht besser. Dafür muss ich mich entschuldigen.
Entgegen aller Behauptungen: Der Aufsichtsrat funktioniert und für eine bessere Zukunft sind alle Weichen gestellt, weil Verantwortungen und Kompetenzen im Vorstand nun auf mehreren Schultern verteilt sind. bzw. werden. Sascha Peljhan ist nun im Vorstand für die Finanzen verantwortlich und Marcus Uhlig ist raus aus diesem Bereich. Auf der kleinen JHV ist Raum für jedes Mitglied, jeden Fan und jeden Interessierten Fragen zu stellen und Tacheles zu reden. Nutzt diese Gelegenheit.
Ruthe